Ruanda / Kongo

deutsche "Weltenretter" in Kibuye 2001 - auf dem Gelände einer dortigen Mission

 

"Wir zahlen keine Bestechungsgelder“ tönt es mir noch heute in den Ohren. Deshalb habe man auch noch keine Baugenehmigung für ein Kinderdorf für Kriegs- und Aidswaisen in Ruanda. Ich fand das stark. Wir lassen uns von einem korrupten Sumpf nicht in die Knie zwingen. Das war ganz meine Wellenlänge. Trotzdem bekam man irgendwann die Baugenehmigung. Bei meinem ersten Besuch in Ruanda 2001 erzählte mir unser damalige Dolmetscher vor Ort auch warum. „Natürlich wurde bestochen, sonst hättet ihr die Baugenehmigung heute noch nicht. Willkommen in Ruanda. Aber in Deutschland darf das niemand erfahren.“

Ich kam aber aus Deutschland und fragte mich, wieso der mir Sachen erzählt, die ich nach seiner Meinung nicht wissen durfte. Na ja, er war ein Playboy.

Ich war gefrustet und enttäuscht. Jedoch, ich tröstete mich mit dem Wissen, daß, wenn man in dieser Größenordnung in Deutschland baut, auch hier so einiges zu entrichten hat. Wir nennen es: Erschließungsgebühr, Genehmigungsgebühr, Antragsgebühr, Anschlußgebühr, Bewilligungsgebühr, Luft-holen-dürfen-Gebühr, der-Staat-braucht-mehr-Geld-Gebühr usw. Ich begreife heuten noch nicht, warum eine Unterschrift mit Stempel, deren Ausstellung 5 Sekunden dauert, Kosten von 200 produziert, die man jetzt bitteschön zu erstatten hätte.

Nun, andere Länder, andere Sitten. Andere Sprachen, andere Sprachlichkeiten.

Ich habe bis heute kein Problem damit, daß KbF in Ruanda nicht das schaffte, was in Deutschland auch keiner hinkriegt. Denn wichtig ist: das Kinderdorf wurde gebaut und die Kinder darin haben ein Zuhause. Alles andere ist Schrebergarten-Genöle. Und wenn wir schon dabei sind: Moral ist immer gut, vom Schreibtisch aus. Vor Ort geht es dann anders zu. Dazu aber später noch was.

Mein Problem war vielmehr: gebe ich diese Info jetzt an den Verein weiter oder nicht? Bin ich loyal zu KbF? Bin ich bereit den Verein damit zu belasten? Oder weiß er das? Das kriege ich aber erst raus, wenn ich frage. Dann sage ich es aber schon. Eine klassische Zwickmühle. Im Team, wir waren damals zu dritt in Ruanda, beschlossen wir, diese Info für uns zu behalten.

Das war der erste Brocken, den ich für KbF zu verarbeiten hatte. Seit dem folgte Brocken auf Brocken und die Leute beim Verein wunderten sich, warum der Michelus immer öfter so komische Laune hat.

Ich habe es so wollen. Wollte wissen was bei KbF und seinen Projekten so geht. Heute wünsche ich mir, so unwissend zu sein wie vor vier Jahren.

 

In Ruanda war ich für den Verein dreimal. Zuerst als Vollidiot, dann als Kassierer und zum Schluß als Fremdenführer für Erstreisende. Als Vollidiot war es noch am schönsten. Es ist einfach angenehm keine Ahnung zu haben. Trotzdem beschlich mich und meine zwei Begleiter, beide auch zum ersten mal in diesem Land, schnell das Gefühl reingelegt zu werden. Die Frage war nur noch: wer war jetzt am Schlimmsten? KbF, Gemeca (eine ruandische Entzollungsgesellschaft der katholischen Kirche) oder die Mission de la croix glorieuse (die Partnerorganisation von KbF in Ruanda). Vielleicht hatten wir alle drei auch nur auf einmal einen Vogel und zufälligerweise zur selben Zeit die selben Halluzinationen.

Unsere Vorbereitung zur Weltrettungsmission a’la KbF bestand in Deutschland aus „keine Vorbereitung“ die den Namen wert wäre. Jemand zeigte uns ein paar schöne Urlaubsfotos, einer gab uns eine „Warnliste“ (Achtung Malaria, keine Soldaten fotografieren usw.), jemand anderes gab uns eine „zu erledigen“ Liste mit. Über diese erste Reise 2001 habe ich ein ausführliches Tagebuch geschrieben. Deshalb hier darüber nur soviel: einer von uns dreien erklärte schon vor unserer Rückreise, daß KbF für ihn gestorben sei. Der andere machte große Versprechen darüber, was er für einen Prothesenbauer in Kigali alles machen würde. Wovon er keines hielt. Und ich nahm mir vor in Deutschland mal abzuklären, was denen einfällt uns hierher zu schicken.

Zusammenfassend kann ich von dieser Reise sagen, daß nichts daran war, was geeignet gewesen wäre mich für ein weiteres Engagement bei KbF zu motivieren. Das ich trotzdem dran blieb scheint mir heute ein Rätsel. Ich kann es mir nur so erklären, daß ich damals wohl noch glaubte oder hoffte, es handelte sich um ein Mißverständnis. Eines, daß nicht wieder vorkommt. Bei mir darf jeder Fehler machen, wenn sie nicht zum Dauerzustand werden. Natürlich ist es auch verlockend, zum Nulltarif fremde Länder und Kulturen kennen zu lernen. Alleine schon der Anblick der Sahara beim Rückflug war für mich persönlich diese Reise wert.

 

Zurück in Deutschland fing ich an Rundbriefe für KbF zu schreiben und besuchte nach und nach auch die Vereins-Projekte in Bulgarien und Kroatien. Man bot mir denn Job des Kassierers an. Ich lehnte erst ab und sagte: für mein Engagement brauche ich nicht Vorstandsmitglied sein. Und außerdem hatte der Verein ja schon einen Kassierer. Auch wenn der inoffiziell war. Jedoch man brauchte einen neutralen Namen für den Briefkopf. Einen Strohmann. Ich zickte noch ein wenig und nahm dann an. War ja eigentlich nur eine Formsache. Was soll‘s. Ich hatte schon ganz andere Verträge unterschrieben.

Im ersten Jahr machte ich meinen Job als Kassierer überhaupt nicht, im Zweiten ein bißchen und im Dritten dann richtig. Strohmann war mir nach drei Jahren zu blöd geworden und außerdem gab es ja durchaus Kassierer-Aufgaben, die ich erledigen konnte.

 

Meine nächste Reise nach Ruanda erfolgte ein Jahr nach der Ersten. Wieder bekam ich wichtige Laufzettel und das Gefühl vermittelt, die Welt gehe gleich unter und ich sei 007.

Ein bereits vorher abgeschickte Hilfslieferung mußte vor Ort verteilt, einem neuen Begleiter Land, Leute und Projekte gezeigt werden und etliches Geld war in Goma abzugeben.

Die Hilfslieferung wurde diesmal über das seit 10 Jahren bestehende Koordinationsbüro von Rheinland-Pfalz in Kigali verschickt. Wir holten die Sachen dort ab und verteilten. Die Leute vom Koordinationsbüro begleiteten damals auch im Auftrag von KbF den Bau des Kinderdorfes. Später erfuhr ich, daß die Rheinlandpfälzer auf Grund unserer Hilfslieferung und Vorkommnissen beim Kinderdorfbau jegliche weitere Zusammenarbeit mit KbF aufkündigten. Man war dort offenbar nicht bereit, für viel Geld eingeflogene veraltete, kaputte oder unvollständige Maschinen, als Hilfslieferung an zu sehen.

Dem Neuling zeigte ich unsere Projekte und Partner und er flog dann vor mir wieder ab. So hatte ich Zeit mir meinen Laufzettel mal näher an zu sehen. Da stand unter sonstiges auch: ein Man in Kigali, dem wir vor Jahren eine Nierentransplantation ermöglichten, hat ein Computerproblem. Ich solle das mal lösen. Ich hatte aus Deutschland etliche CDs mit Programmen mitgebracht und war gespannt, was der da für ein Problem hat und ob ich es durch Neuinstallationen beheben konnte. Mehr hatte ich auch nicht drauf. Ich rief an und bat ihn seinen Computer für ein paar Tage bei mir vorbei zu bringen. Er kam. Was er brachte war ein MAC aus der Steinzeit, der aber prima funktionierte, nur waren zum dazugehörigen Drucker die Tintenpatronen alle. Da gab es selbst in Deutschland nichts mehr für. Es sei denn, man wollte ein Computermuseum ausrauben. Er erklärte mir, KbF hätte ihm den Computer vor einiger Zeit geschenkt. Aber er habe da später auch noch was anderes bekommen.

Und schwub holte er einen Think Pad aus der Tasche. Toller Laptop. Nicht ganz neu, aber solide. Ich fragte, wo das Problem sei und er meinte der Bildschirm ist immer schwarz. Also klappte ich das Ding auf. Vielleicht war ja da was mit der Energie-versorgung, oder so. Ich sah das Problem, schloß für drei Sekunden die Augen und konzentrierte mich. Und fragte dann den Man, ob der LCD-Bildschirm schon zerbrochen war, als er den Laptop von uns bekam. Er sagte: Ja, so hätte er ihn erhalten. Ich sagte ihm, er solle morgen wieder kommen. Ich repariere das.

Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder ich verweigerte mich auch noch für diese KbF Schwachmaten-Hilfslieferung gerade zu stehen oder ich löste dieses Problem. Ich entschied mich für Lösung.

Am nächsten morgen besorgte ich für eine unverschämte Summe einen externen gebrauchten 15“ Monitor. Ich saß damit im Sammeltaxi, zurück in meine Quartier, und ein Satz hämmerte durchweg in meinem Kopf: „Der Man hat da ein Computerproblem, kümmere dich mal darum.“ Der Satz hatte die Stimme der Person, der dieser Laptop in Deutschland früher gehörte. Der Person, der in Deutschland der LCD-Bildschirm zerbrach. Und ihn daraufhin hier her schickte. Der Person, die vor meiner Abfahrt in Deutschland genau wußte, WORIN dieses Computerproblem bestand. Diese Stimme sagte mir damals noch: viel Spaß in Ruanda.

Ich versprach dem Ruanda-Man nach erfolgter „Reparatur“ noch französische Software zu besorgen, damit er jetzt damit arbeiten kann. Dieses Versprechen hielt ich nicht. Obwohl ich es versuchte.

 

Zum Ende dieser meiner zweiten Reise für KbF in Afrika ging es dann noch kurz nach Goma. Mit noch über 17.000 $ Spendengelder im Sack. In Deutschland wurde mir gesagt, ich solle einfach nur das Geld übergeben und müßte mich um nichts kümmern. Unsere Partner in Goma seien über mein Kommen und das Geld informiert und würden alles weitere regeln. Meine Frage, wieso wir nicht das Geld überweisen, wenn vor Ort starke Partner sind und die in Deutschland sogar ein eigenes Konto haben, wurde freundlich aber bestimmt überhört. Also fuhr ich nach Goma um Geld zu bringen. Meine persönliche Anwesenheit hätte auch einen Sinn gemacht, wenn ich die Verwendung der Spendengelder kontrolliert und dokumentiert hätte.

Ich fand in Goma jedoch eine völlig andere Situation vor. Jede einzelne Information, mit der ich in Deutschland „gefüttert“ wurde entpuppte sich vor Ort als falsch. Jedoch, den Vulkanausbruch hatte es wirklich gegeben. Wenigstens etwas.

Niemand wußte von meinem Kommen. Niemand wußte von dem Geld. Drei Tage lang versuchte ich bei unserem Partner in Goma, einer deutschen Mission, einen Ansprechpartner zu finden. Es gelang mir nicht. Am dritten Tag hatte ich dann genug und wendete mich an die Oberschwester mit der Bitte um ein Treffen. Damit wir alle gemeinsam mal darüber reden können, was der Grund meiner Anwesenheit hier ist und wie wir das jetzt regeln. Ich meine ich mußte ja das Geld irgendwie loswerden. Und zwar so, wie die Spender in Deutschland es erwarteten. Selbst Hand anzulegen und auf eigene Faust spontan, ohne Sprach- und Ortskentnisse für soviel Geld Lebensmittel in Goma zu besorgen und zu verteilen... na ja, dafür bin selbst ich nicht bescheuert genug. Obwohl ich heute denke, wenn ich damals gewußt hätte was mich erwartete und wenigstens ein Bruchteil der Infos aus Deutschland wahr gewesen wären, hätte ich auch das noch geschafft.

Nun gut, die Antwort auf meine Bitte um ein Treffen war: wir treffen uns jeden Abend zum stillen Gebet. Dort sind Sie jeder Zeit willkommen. Ich kam aber nicht. Nichts gegen beten, kein Problem, aber ich konnte doch nicht 17.000$ aus meiner Tasche zu den Kindern hinbeten.

Am vierten Tag gab ich auf. Ich schnappte mir die erst beste Schwester und knallte ihr das Geld auf den Tisch. „Oh mein Gott, so viel Geld. Was sollen wir damit?“ Ich erklärte ihr, daß ich dächte, das sie das wüßten. Ich sagte ihr: die Spender wollen damit den Kindern in Goma helfen. Da sie hier die Profis vor Ort seien und ich nur der Depp, der schon froh ist über die Straße zu laufen, ohne dabei erschossen oder überfahren zu werden, hätten sie von meiner Seite aus, bei der Verwendung der Spendengelder, freie Hand. Aber: keine Bibeln. Die müßten sie schon aus eigener Tasche zahlen. Ich ließ mir alles quittieren und sah zu, daß ich hier wegkam aus dieser kranken Stadt, wo man noch glaubte eine Kugel aus der Kalaschnikow sei die beste Lösung der anstehenden Probleme.

Bevor ich Goma verließ, besuchte ich jedoch mit einer der Schwestern der Mission noch ein Flüchtlingslager am Rande der Stadt. Ich wollte sehen, wo wohl die Spendengelder aus Deutschland eingesetzt werden. Zusammen mit der Schwester und einem Mitglied der Lagerleitung verteilten wir dort stundenlang eine andere Spende. Es war Kernseife. Eine Seife pro Familie. Wir hatten Namens und Familienlisten dabei.

 

Eine Massenpanik hatte ich schon 1987 in Berlin-West erlebt. Als der Reagan zu Besuch kam. Die Polizisten knüppelten auf alles ein, was Rang und Namen hatte, und eine Fotokamera wie ich. Ich war froh, daß die schon auf Gummiknüppel umgestiegen waren. Die sind gar nicht so schlimm, wie sie aussehen. Holzknüppel wären übel gewesen.

Ich rannte und rannte. Allen hinterher. Von links nach rechts. Von Rechts nach links. Von Tränengaswand zu Tränengaswand. Um dann doch nur wieder, in einer Knüppelsack-gasse zu landen. Irgend jemand zog mich da raus und versorgte mich. Es waren Autonome. Schwarz gekleidet von der Socke bis zur Haarspitze. Demo-Profis. Sie spritzen mir die Augen aus und wischten das Blut weg. Ich konnte wieder sehen.

Aber ich schweife jetzt ab. Ich wollte nur sagen, daß ich weiß was Angst ist. Nicht die Existenzangst, oder Angst vor Haarausfall, oder Angst davor nicht mehr geliebt zu werden. Die kenne ich auch. Nein. Ich habe sie kennengelernt: Die Angst davor erschlagen zu werden. In 10 Sekunden nicht mehr zu leben. Die Angst vor Menschen, die nur eines wollen: Dich!

 

Ich war noch nie so schnell in einem Auto wie nach der Verteilung der Kernseife in Goma. Ich war schon als Jugendlicher ein guter Leichtathlet, doch diesmal, glaube ich, schaffte ich die hundert Meter unter 10 Sekunden. Meine Motivation war optimal. Warum? Irgend welche Leute im Lager waren der Meinung, daß ihre Familien noch keine Seife bekommen hätte. Und diese Leute wurden immer mehr. Sie nahmen das zum Anlaß, uns mal fragen zu wollen. Da hatten wir andere Pläne. Da hilft dann auch kein Helfersyndrom mehr. Da heißt es nur noch: Beine zusammenklappen und los geht‘s. Die zuschauenden Soldaten im Lager machten nicht den Eindruck eine andere Meinung zu haben als der Mop. Ich dachte mir, wieso schießen die nicht mal in die Luft? Die sind doch sonst auch schnell bei Laune.

Auf dem Rückweg zur Mission erzählte mir die Schwester, sie hätte vor ein paar Wochen Öl im Lager verteilt. Leider seien die Mengen falsch berechnet gewesen und das Öl ging mittendrin aus. Damals seien sie noch etwas beschwingter gerannt wie heute. Ich dachte mir, ja wenn man Gott auf seiner Seite hat, steckt man so einiges weg. Ich kam mir vor wie ein kleiner Wicht, gegen diese Missionare vor Ort.

 

Von Goma zurück in Kigali verbrachte ich eine ruhige Woche mit nachdenken. Ich überlegte, wer mich jetz twohl reingelegt hatte. War ich es etwa selber? Und ich dachte auch an das Zelt, daß ich von Deutschland bis nach Goma schleppte. Ich dachte daran, was ich im Flughafen Frankfurt dafür an Übergepäck zahlte. Ich dachte an Goma. An die Probleme dort. Und die Lösungen selbiger. Und was damit ein lächerliches Wikinger-Jugend-Abenteuer-Spielzeugzelt zutun hat. Un dich dachte daran, daß derjenige, der mich mit so einem "Auftrag" hier herschickte ,irgend wann ein ganz großes Problem haben wird.

Ich dachte auch daran, wie ich jetz tdieses 80cm große eiserne Kruzifix wieder los werde, daß man mir, kurz vor meinem Ablug in Deutschland aufs Auge drückte. Für irgendeinen Bischof in Kigali. Man hätte es versprochen. An all das Geld, daß ich alleine für dieses Übergepäck zahlte, wil lich gar nicht mehr denken. Ich tröstete mich mit einem selbstgemachten kalten Büfett und lud alle Freunde in Kigali dazu ein.

Auf Kosten der Spender. Das waren sie mir jetzt schuldig.

 

Meine dritte und letzte Reise nach Ruanda für KbF fand im Frühjahr 2004 statt. Den Laufzettel sah ich gar nicht mehr an. Ich wußte ja was mich erwartete. Ich nahm mir vor, es diesmal entspannter zu sehen. Wir fuhren wieder zu dritt. Ein Neuer war dabei. Beide konnten sehr gut französisch und das Kinderdorf war fertig. Alles sah nach Streßfreiheit aus. So hatten wir diesmal Zeit und sprachliche Kompetenz die Kinder und Jugendlichen des Kinderdorfes näher kennen zu lernen.

Emotionale Kompetenz, persönliche Bildung und Lebenserfahrung waren auch vorhanden. Wir war eingutes Team. Der "Neue" machte alle Fehler, die ich schon drei Jahre vorher machte. Als meine Aufgabe stellte ich mir, ihn dabei zu begleiten und Ansprechpartner zu sein. Nach einer Woche hatte er seinen ersten moralischen Zusammenbruch. Ich mußte und wollte Fragen beantworten, für die ich damals keinen Mentor hatte. Ich wollte, daß es ihm besser geht, als mir vor drei Jahren.

Ich nahm meine Arbeit bei KbF ernst und wollte aus ihm einen Multiplikator der Idee des Helfens machen. Seine Frage nach dem verrosteten Schrothaufen, der mal eine teure Hilfslieferung von KbF in Form von Solarkochern war, konnte ich noch zufriedenstellend beantworten. War einfach die falsche Hilfe. Andere hatten diesen Fehler auch gemacht. Seinen Wunsch abzuwürgen, die Kassenbücher der Mission einzusehen, da der Verein ja jeden Monat fast 5.000 für das Kinderdorf dieser Mission überweist und man da ja auch mal Belege sehen müsse, war schon schwieriger. Ich selbst hatte als Kassierer solche Belege oder Verwendungsnachweise noch nie gesehen.

Um meinen KbF-Job noch härter zu machen, hatte der Verein auch diesmal vorab eine Hilfslieferung geschickt. Laut Laufzettel sollte das "Zeug" von uns nach Kibuye gebracht werden. Als ich diese Hilfslieferung vor Ort sah, entschloß ich mich diese Geräte nach Gikonko, zu einer deutschen Ärztin, umzuleiten. Jedoch selbst sie wußte mit einem Teil dieser Sachen nichts anzufangen. An dem teuersten Gerät fehlte, mal wieder, wichtiges Zubehör. An den anderen Geräten hatte man keinen Bedarf.

Nun ich bog das hin und machte das beste daraus. Der Beschluß für KbF nie wieder nach Ruanda zu fliegen, war gefaßt. Zum Abschied bat mich die deutsche Ärztin doch als Kassierer bitte nicht so blauäugig zu sein und unserer Kinderdorf-Mission bei den Finanzen, zu mindestens was KbF-Geld angehe, genauer auf die Hände zu kucken. Sie selber hätte da mit besagter Mission und in Ruanda schon einschlägige Erfahrungen gemacht. Sie kritisierte auch die Art und Weise des Vereines, seine Hilfslieferungen zu verschenken, ohne daran Bedingungen zu knüpfen. Ihrer Meinung nach erzeuge diese Art der Hilfe bei der Bevölkerung des Landes eine Caritas-Mentalität. Eine Nehmer-Haltung ohne sich dabei selbst bewegen zu müssen. Ihr Vorschlag, daß Ergebnis jahrelanger Erfahrung vor Ort, effektiv zu helfen sah so aus: Ich repariere dein Dach und du schickst dafür deine Kinder zur Schule. Oder: Ich spende deinen Kindern neue Kleider, dafür schickst du sie zum Aidstest.

Ich richtete das alles in Deutschland aus. Schriftlich. Aber nicht in den Vorstandssitzungen, sondern dort, wo man meinte die wichtigen Infos zu haben. Sozusagen dem Verein im Verein.

So sehr hatte ich mich schon der internen Struktur von KbF angepaßt.

 

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