Versagen eines Kassierers

Dieser Text ist eine Selbsterklärung darüber, warum ich als Kassierer eines Vereins zurücktrat, und seit dem selbsternannten "Weltrettungsbeauftragten" kritisch gegenüber stehe. Ich war ja selbst mal einer ... und bin es noch. Aber nicht SO.

Ruanda 2001 - kurz nach einem Besuch in Kibuye

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Autor war einige Jahre für einen privaten humanitären Kinderhilfsverein tätig. Hier einen Auszug seiner subjektiven Erinnerungen daran.  Wer mehr über die ganz praktischen Probleme humanitärer Hilfe erfahren will, dem sei das Buch

„Hilfe, die Helfer kommen.“ von Horand Knaup empfohlen.

Der Name des Vereins wurde hier vom Autor geändert in „Kümmerling bringt Frohsinn“ kurz KbF.



 

Ich hatte für KbF meinen erstes Dokument gefälscht, da war ich noch nicht einmal Kassierer des Vereins. Es war in Ruanda. Worum es ging ist egal. Es ging in der Gesamtansicht doch um verhältnismäßig wenig Geld.

 

Das ich ein Talent in Sachen Fälschungen war, erfuhr ich das erste mal 1987 in Berlin-West. Volkszählung war angesagt. Unsere Gruppe von Ex-DDR Sträflingen beschloß dazu einen Beitrag zu leisten. Computertechnisch galten der Atari ST und der Comodore 64 als das Highlight. Aber wir hatten kein Geld und Computer galt uns damals noch als böser Yuppie-Kram. Also waren unsere Utensilien eine Schreibmaschine, Uhu, Schere und ein Kopierer in der Magdalenenstraße. Dem Zentrum der Berliner Autonomen. Ich fälschte Briefe des Berliner Innensenators. Wichtig war der Stil des Textes. Es war nicht schwer, sich in die Birne eines Bürokraten verbal hinein zu denken. Die hatten eine Sprache, so tot und abartig und so unpersönlich, daß die Briefe in einer Stunden fertig waren. Wir fanden eine Druckerei, die bereit war, davon 10.000 Stück zu drucken.

Die wurden in den nächsten Tagen in Berliner Briefkästen verteilt. Wie gut wir wirklich waren, erfuhren wir über das lokale Fernsehen. Dort wurde in den Abendnachrichten von offizieller Seite dementiert, daß dieses Rundschreiben an die „lieben Berliner Mitbürger“ aus dem eigenen Hause stammt und zur Fahndung nach den Schandtösen geblasen. Kurze Zeit später verließ ich die Stadt. Das wurde mir jetzt zu bunt.

 

Ich weiß nicht, warum die Leute heute noch zittrige Knie kriegen, wenn sie ein offizielles Amtsschreiben bekommen. Es könnte auch von mir sein.

Aber darum geht es hier nicht. Ich wollte nur sagen: gib mir ein Originaldokument, einen PC, einen Scanner und einen Drucker. Und zwei Stunden Zeit. Dann wird das geregelt.

Bei Wasserzeichen, Spezialpapier und Hologramm wird’s jedoch knifflig.

 

Drei Jahre lang stellte ich für KbF Spendenbescheinigungen auf „amtlichen“ Vordrucken aus, die so „gut“ waren, daß das Finanzamt sie bis heute, als aus ihrem eigenen Hause kommend akzeptiert.



 

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