Finanzkrisen, Griechenlandkrise und sonst noch was.

 

Im Juli 2015 schrieb ich folgenden Leserbrief. Ich überlegte lange, ob das einen Sinn macht. Und kam zu dem Schluß, es macht keinen. Da etwas, was keinen Sinn macht letztentlich ja auch egal ist, schickte ich ihn trotzdem ab. Ich schreibe ja auch für mich.

"Es gibt viele Fragen ..." sagte mein Lehrer,

"... aber keine Dummen".

Jetzt bin ich selbst im Lehreralter und frage noch immer.

 

Zum Beispiel das: In einer Kiste liegen 30 Äpfel. Ich esse jeden Tag einen. Wann ist die Kiste leer? Genau, es ist eine Frage aus der ersten Klasse. Zu Einfach? Dann stelle ich die Frage auf "neu": Eine Gesellschaft, deren Wohlstand auf den Verbrauch von Rohstoffen basiert, diese Rohstoffe jedoch endlich sind, wann kollabiert sie? Bevor sie jetzt den Taschenrechner zücken, bei Wikipedia recherchieren, oder mir einen Therapeuten empfehlen, noch eine Frage hinterher: Ist das Versprechen vom Wohlstand durch ewiges Wachstum ein ehrliches und ehrenvolles Anliegen?

 

Wenn sie zur Zeit auf diese und andere Fragen Antworten suchen, bekommen sie nicht selten das Gefühl vermittelt, es sei zu kompliziert für sie. Und sie sollten die Antworten besser den Experten überlassen. So, wie auch jetzt in der Griechenlandkrise. Was ist da kompliziert? Schon meine Oma wusste, isst man im Winter mehr Schinken, als man im Herbst gepökelt hat, lässt man beim Nachbarn anschreiben. Macht man das zehn Jahre lang, grüßt der Nachbar irgendwann, ich sage mal, leicht reserviert.

 

Das jetzige "Zaziki-Gedöns", verzeihen sie meine Wortwahl, erinnert mich an die Finanzkrise 2006/8. Auch die sei damals zu kompliziert für mich gewesen, sagte mir die Kanzlerin der Herzen. Und sprach, völlig gedankenbefreit, von einer "Alternativlosigkeit" bei der Bankenrettung. Da hat mein Bildungsweg offenbar versagt. Denn schon in der fünften Klasse, auch in der DDR, lernte ich, wo es ein oben gibt, gibt es auch ein unten. Wo links ist, ist rechts nicht weit. Ein Minus ist ohne Plus nicht denkbar. Und ein Elektron sucht immer ein Proton. Wir nannten das Wissenschaft. Wir nannten es Logik und Verstand. Und lernten dabei: es gibt immer Alternativen.

Was machte eine promovierte Physikerin Frau Merkel daraus? Sie bestellte sich zur Beratung in Sachen Finanzkrise Herrn Ackerman alias "Deutsche Bank" in's Haus. Wieso nicht gleich den Papst fragen, ob Maria eine Jungfrau war? Oder Putin für eine Laudatio zur nächste Gay-Parade einladen? Können sie sich vorstellen, dass ein Schwein, auf der Suche nach Zukunft, sich den Metzger ins Haus holt?

 

Ich nicht. Wäre wohl auch zu kompliziert für mich. Dabei ist die Finanzkrise anno 2008, wie auch die Jetzige, welche gerne Griechenland-Krise genannt wird, in einer Sekunde erklärt: verzockt man sein Geld, oder/und kriegt den Hals nicht voll, hat man dabei manchmal halt auch Pech gehabt. Die Pusteblümchen sind dann weg. Das galt für meine Oma, das gilt für Griechen und das gilt auch für Internationale Banken und ihren Hedgefonds. Wer wissen will, wie das im Alltag funktioniert, besuche ein Casino.

 

Oder frage seine Lehrer. Diese könnten heute antworten:

 

Also ... ein Geschäftsmann kauft beim Bauern eine Kiste mit 30 Äpfel und verkauft sie in der Stadt mit Gewinn. Das ist freie Marktwirtschaft und Handel. Doch eines Tages merken die Städter, im Apfel ist der Wurm. Und wollen Birnen.

Ein fleißiger Händler könnte jetzt Birnen suchen. Oder vielleicht etwas völlig verrücktes tun. Zum Beispiel eine Bäckerlehre beginnen. Denn Brot ist wie Schnaps. Beides läuft immer.

Der heutige "moderne" Geschäftsmann schreitet statt dessen jedoch in den Gemeinderat und erklärt sich dort selbst für Systemrelevant. Systemrelevant für Apfelkuchen.

Und die Räte, entzückt von der Weltlichkeit des Armardi tragenden Apfelkuchen-Spezialisten, hören: Apfelkuchen? Klare Sache! (Ist aber auch ein toller Anzug, Sir). Aber Kuchen ab jetzt bitte ohne Rosinen. Und zukünftig, wenn möglich (Wie war doch gleich ihr Name Sir? Geht mich nichts an? Entschuldigung, Sir), mit Streuseln aus nachhaltigem Anbau. (Wenn's nichts ausmacht. Sir.)

Woraufhin die Gemeinderäte dem Volke auf dem Balkon verkünden:

"Der Apfelkuchen wird gerettet. Geht wieder an die Arbeit. Ihr braucht morgen Brot".

 

Was lerne ich daraus? Wenn Cyborg-Kapitalisten wieder in die, von ihnen noch vor kurzen so verachtete, analoge Brot-Solidargemeinschaft zurückfinden, auf das wir ihre Schulden übernehmen und tröstende Worte spenden, sollen sie willkommen sein. Der christliche Gedanke hat dann doch noch gesiegt. Oder der Sozialismus. Eventuell auch nur der Verstand oder Zufall. Ein "Danke" der Heimkehrer von Alpha Centauri, wäre dann wünschenswert und schön. Wart jedoch noch nicht gehört. Und wird auch nicht gehört werden, da die Telefonverbindung zu "Alice im Apfelkuchen-Land" nach erfolgter Schuldenübernahme durch die Brot-Esser, urplötzlich wieder abriss. Wohl bis zur nächsten Apfelkuchenkrise.

 

PS: Gewinne aus "Wunderland mit Sahne extra" werden übrigens nicht mit der gewöhnlichen Erdbevölkerung geteilt. Das wäre ja dann Kommunismus, oder soziale Marktwirtschaft.

(Ludwig Erhardt, die alte Brot-Haubitze, ist ja nicht mehr. So bleibt's wohl bei dem, was ist.)