Bürgerentscheid

In Hechingen, einer Kleinstadt im Zollernalbkreis, fand 2009 ein Bürgerentscheid statt.

Es ging um die Frage: soll das städtische Schwimmbad privatisiert werden.

9,1 % der Wahlberechtigten stimmten für die Privatisierung. 9,09 % dagegen.

Der Nichtwähler hatte gesiegt. Der Gemeinderat mußte daraufhin in einer

öffentlichen Sitzung noch einmal über die geplante Privatisierung abstimmen.

Ich besuchte dieses Ereignis und sah mich zu einem Leserbrief animiert.

 

Seit langer Zeit besuchte ich mal wieder eine öffentliche Gemeinderatssitzung in Gau.

Es war witzig, es war unterhaltsam und der Eintritt war frei.

Für das warm-up sorgte diesmal chef-leader Weber (Bürgermeister) himself.

Er erläuterte dem anwesendem Volke, daß ja jetzt Demokratie sei.

Und was das ist. Und wie so was funktioniere, usw.

Ich war begeistert.

Na ja, wenigstens blieb mir der Vortrag über Bienchen und Blümchen erspart.

Trotzdem sah er sich bemüht zu erklären, was ein Bürgerentscheid sei.

Und das da eine "theoretische" Minderheit von 25% der Wahlberechtigten die „Möglichkeit“ gehabt hätte ,

die Volksvertreter, also IHN, zu überstimmen.

So ging das weiter und ich hörte bald nur noch: „Minderheit ... Minderheit ... Minderheit“.

Bis mir ganz dusselig wurde.

Nach fünf Minuten bekam ich ein schlechtes Gewissen, so als „Minderheit“.

Und ich fühlte, daß es ja eigentlich eine Gnade sei überhaupt mal ab und zu

wählen zu dürfen. Ich wollte schon Blumen werfen. Hatte aber keine dabei.

Mein Schuh hätte es vielleicht auch getan. Aber, was bin ich Chruschtschow.

Und man weiß ja nie, wie der Andere das auffaßt.

Leider vergaß unser Chefaufklärer, der humormäßig zum Ende hin etwas unterdosiert wirkte,

darüber zu reflektieren, ob 9,1% des Wahlvolkes (das für die Privatisierung stimmte) auch eine

Minderheit sein könne.

Und warum die jetzt „größer“ minderheitlich sei, als die andere „Minderheit“.

Oder war das umgekehrt?

Ich komme auf alle Fälle wieder. Zur nächsten after-work-party im Rathaus.

Bringe dann auch Hausschlappen und Popcorn mit.

Vielleicht gibt es ja nächste mal einen spannenden Vortrag über die Erfindung des Buchdruckes.

Oder ein lustig Quiz. Oder lecker Suppe.

Oder ...