Öffnungszeiten von Bibliotheken

Als die Stadtbibliothek von Hechingen ihre Öffnungszeiten dermaßen einschränkte, das das Ausleihen eines

Buches dort zu einem strategischen Unternehmen wurde, schrieb ich folgenden Leserbrief.

 

Die Öffnungszeiten unserer Bibliothek sind nicht nur schwierig für Schüler, sondern auch als Berufstätiger hat man da so seine Herausforderungen. Seit einiger Zeit versuche ich ja meinen Fernseh- und Computerkonsum einzuschränken und sage mir: lies mal wieder. Eine gezielter Blick auf meinen Kontoauszug stellt dann schnell klar: dieses oder jenes Buch zu erwerben, ist gerade nicht drin. Also ab zur Bibliothek.
Hin und wieder gelingt es mir, dort ein Buch zu bekommen.
Ich bin dann sehr glücklich und freue mich wie ein Ritter, dem es, trotz Schneesturm und Hagel und im Kampf gegen allerlei Bösewichte und Unholde, gelang, die Burg seiner Geliebten zu erobern.
Ja, ich bin dann sehr stolz auf mich. Ich habe die Öffnungszeiten besiegt. Ich war stärker.
Ein tragischer Held zwar... Aber mit Buch!
Die termingerechte Rückgabe des Lesegutes erfordert jedoch meine totale Konzentration und eine detaillierte strategische Vorplanung. Wenn die Sterne günstig stehen und die Taro-Karten sagen: JETZT, nähere ich mich der Höhle des Beutlings. Nicht selten mit Erfolg.
Ich bin inzwischen sehr gut darin und so gelingt es mir, die schönen Schriften in ihren Heimathafen zu begleiten, auf das andere geneigte Leser sich erfreuen, Wohlwollen und Gefallen daran finden.
Letzten Monat gelang mir die Buch-Rückgabe schon beim zweiten Versuch. Ich nahm mir die Freiheit, mir dafür einen Flasche „Piccolo“ hinter die Binde zu kippen.
Sich immer wieder, täglich neu, zu motivieren, sich anzuspornen, niemals aufzugeben,
ist jetzt wichtig, will man Kunde der Hechinger Stadtbibliothek bleiben.

Aber ich bin guter Hoffnung und in beschwingter Sektlaune fällt mir ein: wenn Deutschland in der nächsten Pisa-Studie erst gar nicht mehr auftaucht und die BILD-Zeitung nur noch Hauptsätze druckt, werden sich auch die Pforten der Hechinger Bibliothek wieder dem Volke öffnen.

Auf das gelesen und gebildet werde.

 

Luther wird‘s erfreuen.