Interview eines angehenden Mediendesigners

Für seine Prüfungsarbeit wollte ein Student der Medienwissentschaften ein Videointerview drehen. Mit Kunst, Musik und allem drum und dran. Um zu checken, ob ich für sein Videoprojekt auch interessant genug wäre, schickte er mir vorab die Fragen, welche er zu stellen beabsichtigte. Mit der Bitte um Antworten. Das Projekt wurde nicht realisiert. Die Antworten sind hier:

 

 

Mod: Wir befinden uns ja grade zwischen zwei Jubiläen der deutschen Geschichte 30 Jahre Mauerfall und 30 Jahre Wiedervereinigung. Als Teil der Generation deren Jugend durch diese Ereignisse geprägt wurde wie und vor allem wo hast du denn vom Mauerfall erfahren?

 

 Am Vormittag des 9.November 1989 war ich in Tübingen und hockte gerade in einem Erdloch, um für das Landesdenkmalamt eine archäologische Ausgrabung vorzunehmen. Plötzlich kam eine Kollegin an den Rand der Grube und brüllte zu mir runter: Mike schmeiß den Spachtel weg und such dir einen Fernseher … du wirst es sonst nicht glauben! Ich rief hoch: was nicht glauben? Das ich mir hier den Arsch abfriere … für 9,80 die Stunde? Sie: Nein, die Mauer ist weg.

 Die Kollegin war sonst recht vernünftig, aber diesmal? Nun, das Leuchten ihrer Augen und ihre Stimme, welche selten zur Hysterie neigte, machten mich misstrauisch. Alles klar, Mauer ist weg. Sonst noch was? Gibt's hier eigentlich auch mal 'n Kaffee oder wie? … murmelte ich in mich rein, während ich aus dem lehmverschmierten Loch hochstieg, das eigentlich Grabungsabschnitt 18/3 hieß und seine 2,8 Meter Tiefe bald erreichte. Fernsehen kucken in der Arbeitszeit? Warum nicht. Ich wußte im „Bolanger“ um die Ecke steht einer, da läuft immer Fußball, und Kaffee gibt’s da vielleicht auch. „Zisch ab, ich halte dir hier den Rücken frei.“

Kaffee in der Bierzapfanstalt „Bolanger“? Vorher landen hier noch die grünen Männchen. Aber ich ging hin. Vor allem, um nicht zu widersprechen, denn verknallt war ich schon lange in diese Kollegin. Also Schnauze halten und NO Widerstand. Nett sein. OK.

 So saß ich 3 Minuten später im „Bolanger“, bestellte ein Bier, um beim Wort Kaffee keinen Rausschmiß zu riskieren, und starrte in die Glotze. Nix da Fußball. Offenbar lief „Wetten das“ oder „Versteckte Kamera“. Die Bolangnesen-Bewohner hatten wohl ihr Zeitkontinuum gewechselt. Oder wollten mich einfach nur in den Wahn-sinn treiben. Ich sah tanzende Menschen. Ich sah weinende Menschen. Auf Mauern stehende und winkende Menschen. Menschen ohne Angst. Menschen die behaupteten, daß Ding unter ihren Füßen sei …

nicht mehr … DA. Ein Wunder sei geschehen.

 Mein Bier wurde schal. Ich vergaß zu trinken. Das Fernsehen nicht die Realität ist, war mir schon damals klar. Aber diesmal? Ich brauchte drei Stunden, um zu kapieren, was ich sah. Und dachte: morgen machen sie wieder dicht. Ein Traum – ein Kurzer. Kaffeelos ging ich. Verwirrt ernüchtert.

 Zurück im Loch erfuhr ich: meine Kollegin hatte schon einen Freund. Scheiße … wieder alleine. Mental. Diesmal halt ohne Mauer. A'la Gut.

 

 Einige Tage nach dem Mauerfall bin ich bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Schwabenland nach Ost-Berlin gereist, um Familie und Bekannte zu treffen. Ich war auch am Brandenburger Tor in Berlin-Mitte. Bis auf ein paar Mauerdurchbrüche, war noch alles wie früher. Nur die zwei Bau-Container links und rechts am Tor waren neu. Die Grenze war noch da, auch wenn sie nun jeder ungehindert überschreiten konnte. Passkontrollen gab es trotzdem. Der linke Container war für die Einreise in die DDR und der Rechte für die Ausreise. Ich also erst mal in den linken Container rein-geschlappt und in die DDR eingereist. Dazu mußte man seinen Reisepass vorlegen und rums gab es einen Stempel hinein. Eingereist, und jetzt in der DDR ging ich die fünfzig Meter um das Brandenburger Tor zum rechten Container und rums gab es wieder einen Stempel in den Pass. Ich war wieder in der BRD. Ich konnte nicht glauben, daß es so einfach war. Wo noch vor wenigen Tagen ein Grenzsoldat mich glatt über den Haufen geschoßen hätte, stempelte selbiger brav meinen Pass ab. Nicht jedoch, ohne dabei sein Gesicht zu einer sauren Zitrone zu verziehen. Statt Kalaschnikow-Träger, war er jetzt halt Stempel-Träger. Kaum aus-gereist, reiste ich wieder ein. Hin und her. Raus und rein. Das Spiel ging eine halbe Stunde, bis kaum noch Platz in meinem Pass war. Irgendwann wurde das dem Grenzsoldaten zu blöd. Er hielt mir meinen Pass unter die Nase und, blaffte mich an: was soll das? Können sie sich nicht entscheiden? Warum machen sie das hier? Ich antwortete: weil ich es kann. Ihm fiel nichts mehr ein, und stempelte. Worauf ich noch ein wenig aus-und einreiste, bis es auch mir zu blöd wurde, und ich aus eigener Erfahrung wußte, ja die Grenze ist offen. Der Fernseher hatte nicht gelogen.

 

Mod: Jetzt ist das besondere daran, dass du ursprünglich DDR Bürger bist, heißt das dir ist die Flucht geglückt oder warst du einer der wenigen denen ein Ausreiseantrag bewilligt wurde?

 

 Ich hatte nie die Absicht vor 1989 Ostberlin, meine Heimat, zu verlassen. Es sei denn, um mal für zwei Wochen den Eifelturm zu sehen. Oder die Bastille in Paris. Es war ein beklemmendes Gefühl als Schüler im DDR-Geschichtsunterricht die französische Revolution zu behandeln, wissend, daß man diesen historischen Ort nie sehen wird. Deshalb jedoch die DDR für immer zu verlassen? Selbst nach meiner Verhaftung und Verurteilung in der DDR 1985 dauerte es bei mir über neun Monate (im Gefängnis), bis ich aus der Haft heraus einen Ausreiseantrag stellte, in der Hoffnung, als politischer Häftling der DDR von der BRD „freigekauft“ zu werden. Dieser Ausreiseantrag wurde dann bewilligt.

 

Mod: Politischer Häftling ? Wie kam es denn dazu?

 

 Generell war in der DDR alles politisch. Auch das Privatleben. Welche Bücher man las, welche Leute man kannte, war politisch. Schon die äußere Erscheinung und welchen Fußballclub man mochte, war eine diffizil zu Schau getragene politische Aussage. Waren die Harre länger als acht Zentimeter, konnte man in der DDR schon als Hippie oder Gammler, und damit als ein Feind der gesellschaftlichen Ordnung betrachtet werden. Waren die Harre kürzer als ein Zentimeter, passierte dasselbe. Nur war man diesmal Punk oder Skin. Oder was immer der Staat sich gerade als Feindbild ausdachte. Sogar „Umweltschützer“ galten in der DDR als politisch auffällig. Warum? Weil sie behaupteten, in der DDR, dem „Paradies aller Werktätigen der Erde“, würde ein sozialistischer Baum sterben. Selbst das war eine Diffamierung der DDR. Und somit politisch. Ich erfuhr das am eigenen Leib erst, als ich in meiner Schule in der 12. Klasse inkognito Flugblätter verteilte, in denn ich an den Schutz der Umwelt erinnerte. 24 Stunden später war die STASI an der Schule auf der Suche nach dieser illegalen Umwelt-Untergrundgruppe, welche in der Logik des Staates nur aus Staatsfeinden bestehen konnte.

 Wie wird man also in der DDR ein „politischer Häftling“? Indem man Fragen stellt, indem man nachdenkt, indem man Antworten sucht, in dem man eine eigene Meinung hat, indem man sie vertritt und äußert. Kurzum: in dem man erwachsen wird, indem man sein eigenes Leben sucht. Indem man dabei gesellschaftliche Grenzen und Konventionen überschreitet. Indem man sich fragt: wer bin ich, und wer sind die Anderen? Indem man dem Leben mit eigenem Sein begegnet. Um in der DDR ein politischer Häftling zu werden, hat es in meinem Fall schon gelangt, zur falschen Zeit am falschen Ort mit den falschen Leuten anwesend zu sein.

 Konkret heißt das folgendes: meine damalige Freundin, die einen Ausreiseantrag aus der DDR stellte, und bei der ich damals wohnte, plante am 13.August 1985, dem Jahrestag des Mauerbaus 1961, eine Aktion durchzuführen, um die staatlichen Organe zu einer Bewilligung ihres Ausreiseantrages zu bewegen. Sie wollte Druck machen. Frei nach dem Motto, ich mache euch Streß, bis ihr mich rauslasst. Eine Drohung und ein Erpressungsversuch ihrerseits. Ihren eigentlichen Plan, absichtlich verhaftet zu werden, um dann als politischer Häftling vom Westen freigekauft zu werden, erfuhr ich erst später. Obwohl ich selbst nicht ausreisen wollte, unterstützte ich sie dabei, weil ich denke, und auch damals dachte, daß ein Mensch das Recht hat selber zu entschieden, wo er leben will.

 Die Aktion am 13.August sah so aus: meine Freundin und ich setzten uns gegen Mittag vor dem Fernsehturm in Berlin-Ost mitten in der Fußgängerzone im Schneidersitz auf die Gehwegplatten. Wir schminkten unsere Gesichter mit Schleimkreide weiß und malten unsere Augenhöllen mit Lippenstift rot an. Nach Straßenpantomime sollte es aussehen, um die Aufmerksamkeit der Passanten auf uns zu ziehen. Es funktionierte auch. Wir saßen da. Keine zwei Minuten vergingen, da blieben schon die Ersten stehen. Sie beobachten uns. Anfangs 50, dann nach fünf Minuten 150 Menschen. Keiner sagte etwas. Wir nicht, und die Passanten auch nicht. Sie warteten wohl auf die Show, die gleich käme. Jedoch es gab keine. Wir holten nur die DDR-Tageszeitung „Neues Deutschland“ hervor, blätterten demonstrativ gelangweilt darin herum, rissen die Titelzeile „Neues Deutschland“ heraus und hielten sie stumm über unsere Köpfe. Kaum gehoben kam ein Polizist und sagte: packen sie mal ihre Sachen zusammen und kommen 'se mal mit. Wir, meine Freundin und ich, wurden verhaftet, und gingen mit zum nächsten Polizeirevier. Die Zuschauer applaudierten, und jemand aus der Menge rief: die haben aber Mut … wieder zwei Knastologen mehr.

 Der Plan meiner damaligen Freundin, nicht nur zu provozieren, sondern für diese Aktion in den Knast zu gehen, um von dort als politischer Häftling später freigekauft zu werden, ging auf. Mein Plan, eine eigene Zukunft zu suchen, zu finden und Antworten zu erhalten, wurde von der Staatsanwaltschaft mit 1,5 Jahren ohne Bewährung beantwortet. Mein eigentlicher Plan, einen neuen Führer für meine Zukunft zu suchen, ich wuchs ja vaterlos auf, wurde erst gar nicht wahrgenommen. Ich bin einfach nur in ein Zahnrad-Getriebe geraten. Und das fragt nicht wer du bist oder was du willst.

 

Mod: Es hat sich ja dann aber nicht viel dadurch getan. Wenn du jetzt zurückblicktst, wäre es denn nicht besser für dich und deinen Werdegang gewesen du hättest dich einfach gefügt? Ich meine du hattest doch Ideale Chancen für eine Karriere in der DDR.

 

 Ich hatte Karriere-Chancen in der DDR. Mein Spitzname in der 9. Klasse war die „Rote Socke“. Ich war voll dabei und überzeugt. Überzeugt von all den Idealen: Nie wieder Krieg. Nie wieder Auschwitz. Nie wieder Ausbeutung. Alle sollten gleich sein und dieselben Rechte haben. Weltrettung war angesagt. Und ich war dabei. War dabei, bis ich in der Schule die „falschen“ Fragen stellte, und die Realität über mich kam. Sich „einfügen“ in den Ist-Zustand wurde von mir eingefordert, und meine Fragen überhört. Ich jedoch, vollgepumpt mit Idealen, wollte die Revolution vorantreiben. Weniger war nicht drin. Wozu sich auch einfügen?

 Alle dreißig Jahre, wird eine neue Generation geboren. Sie soll dann von den Alten lernen. Lernen heißt aber nicht, sich „einfügen“. Lernen heißt kennenlernen der WELT. Heißt eigene Ansichten und Aussichten zu erkennen. Heißt sich selbst ausprobieren. Heißt Grenzen überschreiten und Fehler machen. Geboren zu sein heißt die Welt entdecken.

 Sich „Einfügen“ heißt, auf dieses zu verzichten. Also sein eigenes ich auf stand by oder logout zu schalten. Mit 15 Jahren geht das nicht. Wäre es besser gewesen Greta hätte sich eingefügt? Karriere oder Leben? Im Alter bekommt man das vielleicht zusammen. In jungen Jahren muß man sich jedoch entscheiden. Ich entschied mich für ein Leben, daß auch ein Suchen war. Und immer noch ist.

 

Mod: Gibt es denn etwas, das dir bei deiner Entwicklung in der DDR gefehlt hat, was du an unserer Generation (positiv) wahrnimmst ?

 

 In der DDR fehlten mir die Menschen, die voller Idealismus, gerade Auschwitz entkommen, eine neue alternative Welt aufbauen wollten. Sie waren zwar nach 1945 da, jedoch zu meiner Zeit 1980 oft schon verschieden. Ich lernte leider nur ihre Nachkommen kennen. Und das waren Bürokraten und Verwalter einer Idee. Angepasste und „Eingefügte“. Menschen ohne neue Antworten auf neue Fragen. Menschen, die im Stillstand verharrten, bewegungslos. Menschen, denen eine Ideologie mehr wert war, als eine Idee.

 An eurer Generation positiv wahrnehme ich, daß man euch nicht mehr für dumm verkaufen kann. Ihre habt das Internet, und Zugriff auf fast alle Bibliotheken der Welt. IHR WISST ALLES, WENN IHR ES SO WOLLT. Ihr seid kaum mehr manipulierbar, so wie ich damals.

 Ich bin neidisch auf euch und eure Möglichkeiten. Hätte ich 1985 ein Smartphone gehabt, mein Gott, ich wäre der Messias der Welten gewesen … oder Diktator geworden. Im Ernst: ich liebe die nächste Generation. Sie hat die Freiheit, die ich suchte. Sie hat die „Frechheit“, welche ich mir nur selten traute. Sie ist da, beneidens-wert in ihren Möglichkeiten. The kids are all right. Das Aufbegehren ist das Recht der Jugend. Und ihre Zukunft.

 Das war schon immer so. Doch leider vergessen die Alten es den Jungen zu zugestehen. Kaum geboren und sagend, die Erde ist gar keine Scheibe, gibt es für die „Neuen“ eine auf die Nuß. Dieses Spiel läuft seit tausenden von Jahren. Das ist wohl die Evolution. Die Alten sollten auch von den Jungen lernen. Am Besten gegenseitig.

Das wäre perfekt.

 

Mod: Als Außenstehender hat man immer das Bild vom schicksals-ergebenen unpolitischen DDR Bürger vor Augen. War das wirklich so oder gab es auch Menschen außerhalb der rebellischen Jugend die euch in eurem Anderssein bestätigt hat?

 

 Schicksalsergeben und unpolitisch habe ich die DDR-Bürger nicht in Erinnerung. Eher als das Gegenteil. Sonst hätte es die Besetzung der Botschaft in Prag durch 5.000 DDR-Bürger, oder die Demon-strationen in Leipzig mit zuletzt 70.000 Bürgern 1989 nicht gegeben. Auch nicht die „illegale“ Umweltbibliothek in der Berliner Zions-kirche.Viele Bürger der DDR hatten es sich jedoch angewöhnt auf Nachfrage zwei Meinungen parat haben, eine offizielle und eine private.

 Eine Erinnerung fällt mir da ein: mit 14 Jahren ging ich mal in einen Bootsladen um ein Paddel zu kaufen, da mein Schulkamerad und ich gerade ein offenbar herrenloses Boot am Müggelsee „aufgabelten“. Pirat sein war angesagt. Jedoch ohne Paddel wird das nichts. Ich fand ein Paddel im Laden, jedoch ohne Preisschild und ging zur Kasse, um zu fragen, was es kostet. Die Verkäuferin unterhielt sich gerade mit einer Freundin und ignorierte mich. Nach 5 Minuten fragte ich: Entschuldigung, können sie mir bitte sagen, was das Paddel kostet? Die Verkäuferin schwang herum und brüllte mich an: siehst du den nicht, daß ich mich gerade unterhalte? Ein älter Herr im Laden hörte dies, drehte sich zur Verkäuferin und rief zurück: Dafür haben wir damals nicht gekämpft. Würde mir heute so etwas in einem Discounter passieren?

 Na ja, solche Bestätigungen gab es selten, aber wenn, dann kamen sie von Herzen und mit Wucht. Sie war aber in diesem Fall nicht einem „Anderssein“ geschuldet. Die kam erst später, als mich mit 18 Jahren ein älterer Herr auf der Straße „stoppte“, um mir mitzuteilen: richtig so Junge, immer anders sein, als die Anderen. Das ist der richtige Weg. Da lief ich schon erkennbar als Punk herum. Und ich dachte: was will der bloß, ich lebe doch nur.

 

Mod: So jetzt bist du in der Position der älteren Generation, wie stehst du denn heute, auch angesichts deiner eigenen Geschichte zu Jugendopposition seien es nun die Umweltschützer von FFF oder Bürgerrechtler in Hongkong?

 

 Jede Generation hat ihre Revolution. Im Alter bin ich da zu-sehends Zuschauer und beobachte mit Neugier, Interesse und Ab-stand. Zu meiner Zeit gab es ja nur schwarz oder weiß. Für mich war es einfach, sich zu entscheiden und eine eigene Position zu erobern. Die Jugend von heute kämpft jedoch im Reich der 256 Grautöne. Ich beneide sie nicht darum.

 Hongkong ist das Problem von Indochina. Nicht unseres, obwohl da natürlich Solidarität und Empathie angesagt ist. Jedoch die internationale Solidarität hat sich in den letzten 30 Jahren verändert. Ich erinnere mich noch an Aktionen wie „Waffen für Nicaragua“, auch unterstützt von der damals noch kleinen Tageszeitung „Die TAZ“. Das war zu dieser Zeit durchaus ernst gemeint. Man wollte Geld sammeln, um Waffen nach Mittelamerika zu schicken. Und tat dies auch. Heute bekommen die jungen Menschen in Hongkong aus Europa höchstens den Hashtag „# free Hongkong“ geschickt. Das ist der Unterschied. Jedoch vielleicht auch effektiv. Wenn man vernetzt ist. Das ist die Aufgabe der Jugend von heute. Sich zu vernetzen. Sonst hätte „Rizo“ nie seine 16.000.000 Follower gekriegt, und damit die letzte Bundestagswahl beeinflußt. Auch „Greta“ ist da heute ein sehr positives Beispiel. Und ein Vorbild.

 

Mod: Du hältst ja auch Vorträge vor Jugendlichen über das Erwachsenwerden in der DDR, was erhoffst du dir davon, bzw gibt es etwas konkretes was du vermitteln möchtest ?

 

 Ich will vermitteln: du bist geboren, also lebe! Der Rest regelt sich selbst. Gib dabei niemals auf. Mit der Außnahme einer 3-4 monatigen Kapitulations-Auszeit. Die gehört dazu. Danach geht's aber weiter. Einfacher gesagt: Willkommen auf der Erde … und viel Glück. Ich hatte es, und wünsche es jeden von euch.

 

Mod: Ihr Schlusswort ?

 

 Geboren zu sein, ist das Beste, was mir jemals passierte. Und Demokratie? Dazu gibt es viele schlaue Worte. Mein Tipp: Lebt sie! Und ihr lebt. Freiheit braucht ihr nicht. Ihr habt sie schon. Und nach eurern eigenen Aussagen manchmal sogar zuviel davon.